Der cMOOC "Entdecke die Insel der Forschung (#exif13) – eine persönliche Bilanz

Sieben Wochen #exif13 liegen nun hinter mir, Zeit eine (Zwischen-)Bilanz zu ziehen.
Entstanden ist die Idee im Austausch und fortwährender Diskussion mit meinem Kollegen Sebastian Vogt, wo uns beiden bewusst wurde, dass cMOOCs wie der opco12 oder aktuell der coer13 häufig selbst-referentiell aufgestellt sind, d.h. es ist ein MOOC über „Trends im E-Learning oder zu OER). Warum immer nur im eigenen Saft schmoren? Steckt hinter der cMOOC-Idee nicht viel mehr? Das waren Leitfragen, die uns zur Idee führten, einen cMOOC zum Thema wissenschaftliches Arbeiten zu entwickeln und damit MOOC als Methode zur Vermittlung relevanter Kompetenzen zu begreifen.
Inspiriert wurden wird wir durch das Buch „Der Forschungsprozess. Eine Einführung in die Praxis der empirischen Sozialforschung“ von Heine von Alemann, das in den 1970er Jahren erschien. In diesem Buch ist eine tolle Karte zum Forschungsprozess enthalten, die hier von Angelika Mogk sehr schön nachgezeichnet wurde. Unser MOOC sollte sich anhand dieser Karte durch die Untiefen, Fallstricke und sonstigen Hürden des Forschungsprozesses bewegen. Dazu sollte es Inputs als videobasierte Vorträge geben, die sowohl live gestreamt als auch als Konserve auf Youtube zur Verfügung stehen sollten. Die Idee dahinter war eine Art „Bildungsfernehen reloaded“ anzubieten, d.h. während der Vorträge gibt es auf Twitter die Möglichkeit, Fragen und Kommentare zu posten, die wir als Moderatoren im Anschluss dem Referenten/der Referentin mit der Bitte um Beantwortung vorlegen.
Mit diesen Konzept ging es in die konkrete Umsetzung und Entwicklung. Schnell wurde klar, dass ein solches Vorhaben nur als gemeinschaftlich getragenes Projekt funktioniert, was bei uns insbesondere das Team des ZMI „Audio, Video, Streaming“ betraf. Wie gut die Entscheidung, einen externen Regisseur mit ins Boot zu holen, wurde mir spätestens bei der ersten Sendung klar.-) Dank seiner umfangreichen Erfahrungen im Bereich Fernsehen, schaffte es Detlev Mohr das improvisierte Set und mich als „Nachwuchsschauspieler“ in ein gutes Licht zu bringen.
Sehr hilfreich war dann auch die tolle Unterstützung der Pressestelle der FernUniversität in Hagen, da sie den MOOC publizistisch aufbereitet und als Story über die 6 Wochen verbreitete. Exemplarisch dazu unser Abschlussinterview „Wir waren selbst auch Teilnehmende“.
Gespannt waren wir, welche Reaktionen es zum ersten Vortrag „Was ist wissenschaftliches Arbeiten?“ geben wird. Dazu richteten wir als zentrale Kommunikations- und Interaktionsplattform den Twitter Kanal #exif13 ein. Direkt nach der ersten Sendung wurde eine Google+-Community gegründet, auf der die Themen des MOOCs- vor- und nachbereitet wurden.
Dies möchte ich hier nicht nochmals wiederholen (dazu gibt es diese Zusammenfassung), sondern auf einige für mich wichtige Erkenntnisse eingehen:

  • Ein MOOC steht und fällt nicht nur mit einem gut durchdachten Konzept, sondern auch mit einer umsichtigen Planung und professionellen Umsetzung. Dabei ist (immer) mehr zu beachten, als man anfangs denkt. Wir hatten mehrmonatigen Vorlauf und konnten das Konzept dadurch weiterentwickeln und verfeinern. Wie bedeutsam eine gute Planung und ein ausreichender Vorlauf sind, zeigt das Beispiel der San Jose State University. Hier kam es zu einem überhasteten Einsatz von Udacity und zu für alle Beteiligten enttäuschenden Ergebnissen.
  • Ein cMOOC ist eigentlich gar kein MOOC. Damit gemeint ist, dass die radikal offene Architektur (so wie bei uns nur mit der Vorgabe des Twitter Kanals) keine Massen, sondern nur eine kleine Gruppe von Enthusiasten und Early Adoptern anzieht – wobei es hier jedoch eine Parallele zu xMOOCs gibt, als dass beide MOOC-Typen mehrheitlich von Menschen mit einer hohen Vorbildung belegt werden, wie diese aktuelle Studie zeigt. Legt man hier die Kriterien der xMOOCs an, wie sie von Udacity oder Coursera angeboten werden, handelt es sich bei unserem MOOC wohl kaum um einen Massenkurs. Ist er damit weniger erfolgreich als die in den Massenmedien gehypten, von Elite-Universitäten Stanford, Harvard oder MIT entwickelten MOOCs? Meine Antwort ist nein. Denn was bei der ganzen Begeisterung über so viele lernwillige, aus der ganzen Welt kommende Teilnehmende von xMOOCs vernachlässigt wird, ist dass mit der Massification viele Werte akademischer Lehre verloren gehen. Dazu schreibt Doug Guthrie im Chronicle of Higher Education: „Coursera and its devotees simply have it wrong. The Coursera model doesn’t create a learning community; it creates a crowd. In most cases, the crowd lacks the loyalty, initiative, and interest to advance a learning relationship beyond an informal, intermittent connection.“ Genau das Gegenteil ergab sich bei uns: Wir hatten und haben eine Learning Community im besten Wortsinn.
  • Ein cMOOC bietet durch die offene Architektur und das non-formale Vorgehen individuelle Lernerlebnisse, die so in traditionellen Lehrveranstaltungen nicht möglich sind. Zugleich grenzt ein cMOOC jedoch auch aus. Zu sehen ist dies u.a. an den Unterschieden zwischen den Zugriffsraten auf Youtube und der Beteiligung auf Twitter und Google+. Hier scheint sich mal wieder die Nielsen-Regel zu bestätigen. Im Unterschied zu klassischen Communities bedeutet die Regel in cMOOCs jedoch etwas anderes. Wenn nämlich die große Mehrheit schweigt und sich nicht aktiv einbringt, heißt das eben nicht, dass hier nichts gelernt wird. Wir können es zumindest so einfach nicht sagen. Daher halte ich auch die Diskussion über die hohen Abbruchraten (oftmals 90%) für zu kurz gegriffen und plädiere für neue Denkfiguren, um MOOCs besser zu verstehen.

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Keine Kommentare

  1. Hallo Herr Deimann,
    vielen Dank für diesen, für mich, sehr spannenden und persönlichen Rückblick! Er gibt einen sehr guten Eindruck davon, wieviel Arbeit und Überlegung hinter solch einem Projekt stehen. Als Teilnehmer sieht man ein „Ergebnis“, nicht aber unbedingt, wie der Weg dorthin verlief. Nach dem #iddg13 und dem #exif13 habe ich festgestellt: ich mag MOOCs. Und ich möchte noch viel mehr MOOCs kennenlernen. Ich habe aus den beiden MOOCs für mich sehr viel mitgenommen – insbesondere ganz viele verschiedene Tools, die man während der Zeit wunderbar „spielerisch“ ausprobieren konnte. Einige davon werden mich in meinem Alltag in jedem Fall weiter begleiten.
    Vielen Dank dafür.
    Viele Grüße,
    Roma Mukherjee

  2. Sehr geehrter Herr Deimann!
    Ich habe in der letzten Woche mit großem Interesse Ihre Vorträge, die im Rahmen des MOCCs entstanden sind, angeschaut. Da ich gerade am Verfassen meiner Abschlussarbeit bin, waren die Beiträge der einzelnen Professoren sehr gewinnbringend für den Verlauf meiner Arbeit. „Die Neugier steht immer an erster Stelle eines Problems, das gelöst werden will“, oder „Alles was gesagt werden kann, kann klar gesagt werden“ sind für mich zwei gute Beispiele, die beim Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten unbedingt beachtet werden sollten.
    Ich werde mir die Vorträge im Laufe der nächsten Wochen bestimmt noch einmal anschauen und mir die Kernaussagen der einzelnen Vortragenden noch einmal ins Gedächtnis rufen. Vielleicht verstehe ich dann auch den „Großmeister der Zahlen“ besser 🙂
    Ich danke Ihnen und Ihrem Team für diesen MOOC.
    Liebe Grüße
    Thomas Gamsjäger

    1. Vielen Dank für Ihre Wertschätzung. Wir freuen und sehr, dass der MOOC Interesse und Neugier wecken konnte und bestimmt auch ein Stück Angst vor Zahlen und Theorie nehmen. Viel Erfolg bei der Abschlussarbeit!

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