Am 15. und 16. Mai 2024 luden das BMBF und der DLR zur Auftaktkonferenz „OER im Blick“ nach Frankfurt / Main ein. Mit dieser Veranstaltung sollten die Aktivitäten zur Umsetzung der OER-Strategie beleuchtet und mit der Community diskutiert werden.

Die Community

Mit der ersten Fördermaßnahme im Rahmen der OER-Strategie setzte das BMBF auf den Auf- und Ausbau von Communities, die den OER-Gedanken und OER-Kompetenzen in bestimmten Fächern verbreiten und etablieren sollen. Das Spektrum ist breit gestreut und fokussiert auf Lehrkräftebildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung oder Rechtswissenschaft.

In den Konsortien finden sich zum teil sehr OER-erfahrene Menschen und „Newbies“, die gemeinsam das Ziel verfolgen, mit OER die Bildungswelt etwas besser zu machen.

Die Locations

Die Auswahl der Locations verfolgte offensichtlich der Strategie „Raum als dritte/r Pädagog/in“ und lud zum Austausch mit bekannten und neuen Gesichtern ein. Am ersten Tag bzw. Abend stand eine Gruppenbildung im Science Center Experimenta auf dem Programm und die Diskussion von OER-spezifischen Fragen. Begleitend konnten die Stationen mit physikalischen Experimenten ausprobiert werden. Ein gemeinsames Abendessen mit original grüner Sauce rundeten den Tag gebührend ab.

Außergewöhnlich ging es am Morgen danach weiter in den Räumlichkeiten des Kunstvereins direkt am Main-Ufer.

Standortbestimmung

Das offizielle Programm begann nach einer kurzen Begrüßung mit einer Podiumsdiskussion und der wahrscheinlich nicht so ketzerisch gemeinten Fragen: Warum sind wir mit OER noch nicht weiter?

Konsens bestand, dass die Annahme einer sprunghaften oder gar revolutionären Verbreitung von OER und der damit ausgelösten Reform des Bildungssystems völlig am Thema vorbeigeht. Unterstellt würde damit, dass es eindeutige Ansatzpunkte gibt, mit denen OER-hemmende oder -verunmöglichende Rahmenbedingungen mit einem Schlag ausgeräumt werden.

Stattdessen ist es sinnvoller und ermutigender auf die Errungenschaften der letzten zehn Jahre zurückzublicken. Das betrifft zum Beispiel:

  • eine stabile und wachsende Community; als Indikator können die Teilnahmezahlen an den OERCamps dienen
  • politische Rahmenwerke wie die OER-Strategie des BMBF, OER-Policies an Hochschulen oder dass OER in bildungspolitischen Papieren regelmäßig genannt wird (z.B. Wissenschaftsrat 2022)
  • technische Infrastrukturen wie den Suchindex OERSI, Repositorien, OER-Portale, OER-Funktionen in LMS etc.; tatsächlich hat sich die Infrastruktur in den letzen 20 Jahren sehr ausdifferenziert, wie in dieser Studie kürzlich gezeigt wurde
  • OER-Förderung: so gab es etwa in NRW sagenhafte 27 Millionen EUR für die Erstellung von OER (siehe für eine Förderlinie hier)
  • Aufbau von OER-Netzwerkstrukturen: auch hier setzte NRW einen starken Impuls mit der Förderung des „Netzwerk Landesportal“ im Bereich der Hochschulen

All das sind kleine Mosaiksteine, die sich nach und nach zu größeren Einheiten zusammensetzen und dadurch mehr Wirkung und mehr Sichtbarkeit erzielen. Gleichzeitig zeigt ein Rückblick, dass die Herausforderungen und Probleme in der Gesellschaft und im Bildungssystem dramatisch zugenommen haben. Es eröffnet sich ein Spannungsfeld zwischen Verzwergung („wir trauen uns nicht an die wirklich dicken Bretter ran“; „wir haben keine Vision“) und Selbstüberforderung („wir nutzen OER als Allheilmittel“).

Eine realistische Einschätzung der Wirkungsmöglichkeiten von OER bedeutet ein Einpendeln zwischen den beiden Polen. Ein konkretes Beispiel aus dem Podium möchte ich hier nennen: Schulbücher vermitteln nicht nur fachliche Inhalte sondern reproduzieren auch gesellschaftliche Stereotypen oder Rassismus. Mit OER, die zu einem digitalen Schulbuch zusammengesetzt werden, kann gezeigt werden, dass Inhalte auch außerhalb von Verlagen qualitätsgesichert erstellt und distribuiert werden. Gleichzeitig lässt sich demokratiegefährdenden Tendenzen entgegenwirken.

Wie geht es weiter?

Die BMBF OER-Strategie ist auf zehn Jahre angelegt und soll mit der Community ausgestaltet werden. Zunächst werden verschiedene Übersichten erstellt von Communities, von OER-förderlichen Infrastrukturen, um mehr Transparenz zu erzeugen. Auch die OER Worldmap ist wieder da und nächstes Jahr gibt es eine neue Konferenz „OER im Blick“.

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