Wie MOOCs als bildungspolitische Waffe instrumentalisiert werden

In seinem informativen Blogpost „The MOOC Moment and the End of Reform“ geht Aaron Bady auf die aktuellen Bestrebungen in Kalifornien ein, staatliche Hochschulen zum „Automatic MOOC Transfer Credit“ zu verpflichten (hier eine Draft Version: Senate Bill 520). Die vermeintlich logische Idee dahinter ist, dass angesichts steigender Kosten für ein Hochschulstudium – sowohl für Studierende wie für die Institution – MOOCs eine kostengünstige, effektive (da skalierbare) Lösung darstellen. In den USA scheint es nicht selten zu sein, dass Studierende keinen Zugang zu den notwendigen Kursen bekommen und so ihr Studium nicht in der vorgesehenen Zeit absolvieren können.
Doch anstatt in zusätzliche Angebote zu investieren, wird das Problem verlagert und mit Hilfe einer gesetzlichen Initiative MOOCs als bildungspolitische Waffe instrumentalisiert:

The bill allows students who are unable to find a seat in a required class, AND unable to find a comparable on-line course at their school, to take for full-credit a „MOOC“ – or massive open on-line course – certified by the American Council on Education (ACE) or other reputable course reviewers – upon approval by a rapid decision making group composed of California faculty from UC, CSU and California Community Colleges. (Quelle)

Protest gibt es mittlerweile von der Fakultät der University of California in Form einer Petition:

We believe that this bill will lower academic standards (particularly in key skills such as writing, math, and basic analysis), augment the educational divide along socio-economic lines, and diminish the ability for underrepresented minorities to excel in higher education. In other words, we predict that SB 520 would worsen precisely the situation it claims to resolve.

Angesichts der deutlich größeren Probleme im US-Bildungssystem (dazu hier ein informativer Vortrag von Gerd Kortemeyer von der Michigan State University) im Vergleich zu Deutschland, scheinen derartige Verhältnisse (noch) nicht vorstellbar. Allerdings gibt es einige Anzeichen, wie die aktuelle MOOC-Ausschreibung vom Stifterverband und Iversity, die in eine solche Richtung weisen. Bevor jedoch MOOCs als neue Wunderwaffe institutionell verankert eingesetzt werden, ist es wichtig, sich einige grundlegende Fragen zu stellen:

  • Welchen pädagogischen und ökonomischen Wert schreiben wir klassischen universitären Lehrveranstaltungen wie der Vorlesung zu?
  • Welche Aspekte von Lern- und Bildungsprozessen lassen sich durch digitale Kommunikations- und Kollaborationsformen ergänzen bzw. ganz ersetzten? Siehe dazu die Diskussion „Is a MOOC a Textbook or a Course?“
  • Welches Verständnis haben wir von der Funktion von Technik in Lehr- und Lernprozessen? (Dazu habe ich hier schon etwas geschrieben.)

Diese Liste lässt sich leicht fortsetzen und es gibt aktuelle zahllose Diskussionen zum Sinn und Unsinn von MOOCs. MOOCs sind dabei nicht mehr als ein schick klingendes Codewort für die Hoffnungen und Erwartungen zum Lernen in der digitalen Welt.

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