Warum eine solche Bildungsrevolution scheitern muss

Der aus Funk und Fernsehen bekannte Philosoph Richard David Precht hat in der Online Ausgabe von Cicero – ein Magazin für politische Kultur – eine Bildungsrevolution ausgerufen, denn:

Kinder werden in Deutschland immer noch nach den gleichen Methoden unterrichtet wie vor 50 Jahren. Unsere Schulen zerstören die angeborene Neugier. Eine Revolution muss her, auf die Barrikaden!

Hierzu habe ich folgenden Kommentar verfasst, der derzeit noch in der Warteschlange auf Veröffentlichung wartet.
Als jemand, der sich professionell mit Bildung beschäftigt, heißt heute übrigens auch Bildungswissenschaft, muss ich bei solchen Beiträgen wahlweise schmunzeln oder den Kopf schütteln.
Wieder mal wird Bildung aus den komplexen theoretischen und philosophischen (ja es gibt eine Bildungsphilosophie) Zusammenhängen herausgerissen, glatt gebügelt, mit dem Säulenheiligen Humboldt verziert und dann als Wundermittel für die Zukunft erklärt.
Es ist sehr erstaunlich, wie unphilosophisch ein Philosoph argumentiert, und dass nicht nur durch die reflexhaften Verweise auf die Hirnforschung, die uns auch nicht mehr sagen kann, was die Pädagogik schon seit vielen Jahren weiß.
Anscheinend erschließt sich Herrn Precht der „Bildungswert“ von klassischer Literatur wie Goethes Werther nicht und daher muss sich dann auch die Schule von diesem Ballast befreien. Haben Sie sich nie gefragt, warum solche Kulturgüter von Generation zu Generation weitergegeben werden und daher ihren festen Platz im Curriculum haben?
Daher werden nicht Reformen, sondern gleich Revolutionen ausgerufen. Wie originell! Schaut man in die bewegten 70er Jahre zurück, so findet man ganz ähnliche Forderungen, jedoch besser ausgearbeitet. Ich empfehle die Lektüre des Buchs „Entschulung der Gesellschaft“ von Ivan Illich (http://de.scribd.com/doc/35583/Illich-Ivan-Entschulung-der-Gesellschaft).
Da auf solche oder andere Ansätze (z.B. Open Educational Resources, siehe dazu z.B. hier) wenig Bezug genommen wird (dann lieber die Hirnforschung), geht es munter weiter, bis der nächste kommt und die Revolution ausruft.

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